TREUTLER - Genealogie


3. Texte zu Herkunftsorten und Landschaften


a) OBERPEILAU und GNADENFREI, Kreis Reichenbach (Eule), Schlesien

Oberpeilau und das später entstandene, dann aber bedeutendere Gnadenfrei sind der bisher bekannte Ursprungsort der Sippe Paul TREUTLER, * ca. 1790 Oberpeilau, der auch ich zugehörig bin.

Im Folgenden soll nun ein kurzer geschichtlicher Abriß zum Ort veröffentlicht werden:

Das Gnadenfrei kurz vor Ende des II. Weltkrieges war eine Landgemeinde mit ca. 6000 Einwohnern. Sie liegt etwa 300 Meter über dem Meeresspiegel in den östlichen Vorbergen des Eulengebirges und gehört zum Kreis Reichenbach (Eule).
Die  Ortslage  ist außerordentlich langgestreckt und zieht sich im Peiletal etwa 6 km entlang der Landstraße von Frankenstein nach Reichenbach hin. Seine damalige Größe erreichte der Ort durch die im Jahre 1928 erfolgte Zusammenlegung der Gemeinden Gnadenfrei, Oberpeilau und Obermittelpeilau und die Eingemeindung von Schobergrund 1938.

Die Peilauer Gemeinden sind uralte Siedlungen, die ihren Namen vom Peile-Flüßchen ableiten und deren Entstehungszeit noch nicht sicher feststeht.

Gnadenfrei selbst ist eine neuzeitliche Ortsgründung unmittelbar in der Nähe von Oberpeilau. Die Gründung Gnadenfreis ist jedoch nicht in erster Linie die einer Ortschaft, als vielmehr die Gründung der Brüdergemeine Gnadenfrei. Die Brüdergemeine ist eine protestantische Glaubensrichtung, die sich auf die Herrnhuter und die Böhmischen Brüder zurückführt. Diese Vertreter des Pietismus hatten es nicht nur gegen die Katholiken schwer, sondern auch gegenüber ihren evangelischen Glaubensbrüdern. Einer der wichtigsten Vertreter dieser Richtung war Ernst Julius von Seidlitz in Oberpeilau. Er gab den Pietisten auf seinem Rittergut Oberpeilau, dem Seidlitzhof, einen neuen Mittelpunkt. Mit der Eroberung Schlesiens durch Friedrich den Großen 1740 begann auch für die ev. Pietisten eine neue Zeit. Seit 1743 besteht die Brüdergemeine Gnadenfrei. Es wurde mit der geordneten Anlage des Ortes in unmittelbarer Nähe des Gutshofes begonnen. Der Name "Gnadenfrei" entstand in Erinnerung an die Freilassung des Ortsgründers "durch menschliche und göttliche Gnade" nach einjähriger Kerkerhaft 1740. Von Seidlitz war noch kurz vor dem Siege Friedrichs wegen seines Glaubens durch die Habsburger inhaftiert worden. Gnadenfrei bestand von 1743 bis 1928 als besondere Siedlung für sich.
 


Das wiederaufgebaute Gnadenfrei nach dem Brande 1792

Die Gnadenfreier Wirtschaft war durch die, seit Jahrhunderten angesiedelte Weberei und spätere Textilindustrie geprägt. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig war die Steinindustrie mit ihren Marmor- und Natursteinwerken. Aber auch die Landwirtschaft war noch 1943 mit etwa 80 Bauernwirtschaften und 4 größeren Gütern vertreten.

Die Volksbildung war durch 4 Volksschulen, eine Hauptschule und eine Landfrauenschule gewährleistet.
 



Hauptstraße von Osten

Bis zum Kriegsende war die Rolle der Brüdergemeine ungebrochen und bestimmte mit seinen markanten Bauwerken das Gesicht des Ortes. Die gemeineeigenen Erziehungsanstalten spielten eine bedeutende Rolle. Bedeutenster Vertreter der dortigen Mädchen- und Knabeninternatsschulen war Ernst von Seydlitz, der die Anstalten von 1819-32 leitete und der Begründer der bekannten Geographie-Lehrbücher war.

Im April 1946 begann die zwangsweise Aussiedlung der deutschen Bevölkerung. Heute heißt der Ort Pilawa Gorna. Sie wurde 1956 zur stadtartigen Siedlung und erhielt 1962 das Stadtrecht. 1970 betrug die Einwohnerzahl ca. 7.500.



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