Im Folgenden soll nun ein kurzer geschichtlicher Abriß zum Ort veröffentlicht werden:
Das Gnadenfrei kurz vor Ende des II. Weltkrieges
war eine Landgemeinde mit ca. 6000 Einwohnern. Sie liegt etwa 300 Meter
über dem Meeresspiegel in den östlichen Vorbergen des Eulengebirges
und gehört zum Kreis Reichenbach (Eule).
Die Ortslage
ist außerordentlich langgestreckt und zieht sich im Peiletal etwa
6 km entlang der Landstraße von Frankenstein nach Reichenbach hin.
Seine damalige Größe erreichte der Ort durch die im Jahre 1928
erfolgte Zusammenlegung der Gemeinden Gnadenfrei, Oberpeilau und Obermittelpeilau
und die Eingemeindung von Schobergrund 1938.
Die Peilauer Gemeinden sind uralte Siedlungen, die ihren Namen vom Peile-Flüßchen ableiten und deren Entstehungszeit noch nicht sicher feststeht.
Gnadenfrei selbst
ist eine neuzeitliche Ortsgründung unmittelbar in der Nähe von
Oberpeilau. Die Gründung Gnadenfreis ist jedoch nicht in erster Linie
die einer Ortschaft, als vielmehr die Gründung der Brüdergemeine
Gnadenfrei. Die Brüdergemeine ist eine protestantische Glaubensrichtung,
die sich auf die Herrnhuter und die Böhmischen Brüder zurückführt.
Diese Vertreter des Pietismus hatten es nicht nur gegen die Katholiken
schwer, sondern auch gegenüber ihren evangelischen Glaubensbrüdern.
Einer der wichtigsten Vertreter dieser Richtung war Ernst Julius von Seidlitz
in Oberpeilau. Er gab den Pietisten auf seinem Rittergut Oberpeilau, dem
Seidlitzhof, einen neuen Mittelpunkt. Mit der Eroberung Schlesiens durch
Friedrich den Großen 1740 begann auch für die ev. Pietisten
eine neue Zeit. Seit 1743 besteht die Brüdergemeine Gnadenfrei. Es
wurde mit der geordneten Anlage des Ortes in unmittelbarer Nähe des
Gutshofes begonnen. Der Name "Gnadenfrei"
entstand
in Erinnerung an die Freilassung des Ortsgründers "durch menschliche
und göttliche Gnade" nach einjähriger Kerkerhaft 1740. Von Seidlitz
war noch kurz vor dem Siege Friedrichs wegen seines Glaubens durch die
Habsburger inhaftiert worden. Gnadenfrei bestand von 1743 bis 1928 als
besondere Siedlung für sich.
Das wiederaufgebaute Gnadenfrei nach dem Brande 1792 |
Die Gnadenfreier Wirtschaft war durch die, seit Jahrhunderten angesiedelte Weberei und spätere Textilindustrie geprägt. Ein weiterer wichtiger Wirtschaftszweig war die Steinindustrie mit ihren Marmor- und Natursteinwerken. Aber auch die Landwirtschaft war noch 1943 mit etwa 80 Bauernwirtschaften und 4 größeren Gütern vertreten.
Die Volksbildung war durch 4 Volksschulen, eine
Hauptschule und eine Landfrauenschule gewährleistet.
Hauptstraße von Osten |
Im April 1946 begann die zwangsweise Aussiedlung der deutschen Bevölkerung. Heute heißt der Ort Pilawa Gorna. Sie wurde 1956 zur stadtartigen Siedlung und erhielt 1962 das Stadtrecht. 1970 betrug die Einwohnerzahl ca. 7.500.